Anfang 2018

Vortrag beim NRW-Dialogforum 2017 des Forschungsinstituts für Gesellschaftliche Weiterentwicklung, Düsseldorf, am 23. November 2017

Die erkenntniskritische Wiedervereinigung von Wissenschaft und Aufklärung:
Gebot unserer Zeit – Aufgabe auch der Zivilgesellschaft

von Thomas Köller   [Beitrag als PDF bzw. auf der Seite des FGW]

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie lassen sich dem demokratischen Diskurs wieder größere Räume eröffnen? Die Frage unseres Tracks – da ist die Trackbeschreibung ebenso klar wie viele der Beiträge – geht primär gegen den sogenannten Neoliberalismus. Dieser habe die politischen Räume verengt und dadurch mittelbar auch den Rechtspopulismus provoziert, der dann natürlich seinerseits nicht viel mit dem demokratischen Diskurs anfangen kann. 

Ich teile diese Diagnose und ich freue mich auch deshalb darüber, hier vortragen zu können, weil ich dieses Problembewusstsein häufig vermisse. Auch in meinen Augen ist der Aufstieg des Rechtspopulismus der Preis für den Siegeszug des Neoliberalismus – und ich möchte dies sogar noch zuspitzen: Der gegenwärtige Rechtspopulismus ist Ausdruck der Tatsache, dass der Neoliberalismus schon recht weit damit gekommen ist, die Errungenschaften der Aufklärung zu beseitigen.

 

Die Verengung der Räume für die gemeinsame, demokratische, solidarische Gestaltung ist ja ein Aspekt dessen – zumindest in dem Maß, in dem die ihr zugrunde liegende Vermarktlichung immer weiterer Bereiche mittels völkerrechtlicher Verträge quasi in Verfassungsrang erhoben wurde.[1] Es betrifft aber wesentlich auch die Unantastbarkeit der Menschenwürde, denn in den letzten Jahrzehnten wurde den Freihandelsprinzipien und dem Schutz ausländischer Investitionen nicht nur eine immer größere Bedeutung zugemessen. Diese erhielten auch immer stärkere Durchsetzungsmechanismen zur Seite gestellt. Ihre Verbindlichkeit ist deshalb heute faktisch größer als die der eigentlich höherwertigen Menschenrechte, die im Rahmen der globalisierten Produktion denn auch allzu oft mit Füßen getreten werden.

Doch es kommt noch etwas hinzu: Der Neoliberalismus hat sich nicht nur permanent weiter konstitutionalisiert – durch seine eigene Umsetzung in Völkerrecht, durch die er die häufig auf die Menschenwürde verpflichteten nationalen Verfassungen überformt. Er trägt auch einen ungeheuren Wissenschaftlichkeitsanspruch vor sich her; und meine These ist, dass er damit bis heute durchkommt und eben dies die zentrale Quelle seiner Kraft und Macht ist.

Oder umgekehrt: Die Errungenschaften der Aufklärungstradition im Allgemeinen und größere politische Räume im Besonderen werden sich nur mittels Erkenntniskritik wiedergewinnen lassen. Ohne dass der Wissenschaftlichkeitsanspruch der neoliberal-neoklassischen ökonomischen Theorie zu Fall gebracht wird – und zwar sichtbar für und im Bewusstsein von jedermann –, wird sich nichts zum Besseren wenden. Zwar könnte es aus meiner Sicht durchaus nicht schaden, wenn die Juristinnen und Juristen noch stärker auch öffentlich über die verheerenden quasi-verfassungsrechtlichen Wirkungen des Neoliberalismus aufklärten. Einige haben das ja in der Debatte um TTIP und CETA auch getan und es wäre zu wünschen, dass es, positiv gewendet, auch mit Blick auf die Debatte um einen »Binding UN-Treaty«, ein »rechtlich verbindliches Instrument zu Wirtschaft und Menschenrechten«[2] geschähe. Doch das Problem, das ich sehe, ist, dass die scheinbare, strenge Wissenschaftlichkeit des Neoliberalismus stets über den letztlich normativen Charakter der juristischen Argumente und Analysen triumphieren wird.

Deshalb also ist der entscheidende Ansatzpunkt für mich die Erkenntniskritik der ökonomischen Theorie. Ich ziele insofern auf einen Beitrag zur grob seit Mirowskis More Heat than Light[3] geführten Debatte um ein »neues ökonomisches Denken«, wenn ich den entsprechenden FGW-Themenbereichs zitieren darf. Und lassen Sie mich bitte auch ganz klar sagen, dass ich absolut bereit bin, mich den Standards der strengen Wissenschaft zu unterwerfen, denn eben daran soll die ökonomische Theorie ja gemessen werden. Es geht also nicht um philosophische Spekulationen oder ein Sonderrecht der Philosophie gegenüber den Einzelwissenschaften. Aber: Was sind denn die Standards der strengen Wissenschaft? Das muss man eben erst einmal klären. Und: Natürlich erhebt auch die Aufklärungstradition, die hier gegen den Neoliberalismus verteidigt werden soll, eine Art Wissenschaftlichkeitsanspruch; nämlich onsofern die juristischen Argumente, die heute gegen den vermeintlich streng wissenschaftlichen Neoliberalismus ständig den Kürzeren zu ziehen drohen, zwar normativer Art sind. Ihre wichtigste theoretische Grundlage – die wichtigste theoretische Grundlage des demokratischen und der Menschenwürde verpflichteten Verfassungsstaates – ist aber die Aufklärungsphilosophie Kants (1724-1804); und diese wiederum überschreitet zwar bewusst die strenge Wissenschaft im engeren Sinn, doch tut sie dies gerade auf Grundlage der kantschen Erkenntniskritik, also seines allgemeinen Verständnisses der Grundlagen der Wissenschaft.

Und so möchte ich Ihnen also letztlich Folgendes darlegen: [4] Anders als man gemeinhin erwarten würde, hat nicht die neoliberale ökonomische Theorie die Wissenschaft auf ihrer Seite, sondern die kantsche Aufklärungsphilosophie. Deren normative Pointe – Demokratie und Menschenwürde – kann deshalb durch keinerlei »szientistisches« Argument im Namen der Wissenschaft zu Fall gebracht werden, weder durch den Neoliberalismus noch durch den Sozialdarwinismus, oder was da sonst noch so denkbar ist und kommen mag.

Also: Wie zeigt man so etwas? Dreh- und Angelpunkt meiner Analyse sind die Umbrüche, die das wissenschaftliche Weltbild seit spätestens 1963[5] erfahren hat; denn sie haben dafür gesorgt, dass die ökonomische Theorie nicht mehr als triviale Ableitung eben aus dem wissenschaftlichen Weltbild erscheint, sondern als Metaphysik – Kants Erkenntniskritik und Aufklärungsphilosophie aber im Gegenteil als weitgehend tadellos.

Schauen wir uns die Sache genauer an. Worin bestehen die erwähnten Umbrüche in Bezug auf das wissenschaftliche Weltbild? Die Antwort lautet: Man begann seinerzeit, und zwar im Kernbereich der strengen Wissenschaft selbst, zu verstehen, dass sich die physikalischen Bewegungsgleichungen niemals vollständig lösen lassen würden. Ein Problem für die Mathematiker und Ingenieure also, sollte man meinen, aber zufällig entfiel damit auch die zentrale Voraussetzung des seit Leibniz (1646-1716), und damit seit Beginn der Wissenschaft selbst, für gültig gehaltenen wissenschaftlichen Weltbildes, ohne die dieses falsch wurde: Anders als Leibniz aufgrund seines Vertrauens in die letztliche Lösbarkeit der mathematischen Probleme bei der Berechnung der Bewegungsgleichungen gefolgert hatte, ist die Welt nicht durch eine ewige, »prästabilierte Harmonie« zwischen egozentrischen »Monaden« charakterisiert, die sich trotz ihres Egozentrismus, eben wegen der Harmonie des Großen Ganzen, niemals in die Quere kommen. Vielmehr muss man von einer Welt mit ständigen Wechselwirkungen ausgehen, in der das eine auf das andere einwirkt und Ordnung entsprechend auf Zusammenwirken – also der Überwindung des Egozentrismus – beruht. 

Das tatsächliche wissenschaftliche Weltbild ist im Vergleich zum alten damit viel näher an unserer Alltagserfahrung. Gleichwohl musste es all jene Disziplinen kalt erwischen, die sich – im Glauben, ihre strenge Wissenschaftlichkeit so am besten sicherzustellen – lange vor 1963 dafür entschieden hatten, ihr konzeptionelles Grundgerüst eng an Leibniz’ Weltbild anzulehnen. Und bestes Beispiel dafür ist die ökonomische Theorie, sofern sie ihrem aktuellen Selbstverständnis nach auf Adam Smith (1723-1790) und dessen wirtschaftsliberale Grundidee zurückgeht: Wie bei Leibniz soll auch hier der Egozentrismus (nunmehr: der Marktteilnehmer) nicht etwa Konflikt und Chaos bedeuten, sondern eine perfekte Harmonie widerspiegeln, ein soziales Optimum, Leibniz’ »beste aller möglichen Welten«.

Die Parallelen sind unübersehbar, allerdings ist das noch nicht der eigentliche Skandal. Denn Smith hat sich durchaus bemüht, seine Idee einer »unsichtbaren Hand des Marktes« mittels konkreter Mechanismen zu rekonstruieren. Ja, er wurde dadurch sogar zu einem Pionier des Denkens in Rückkoppelungsmechanismen, das dem leibnizschen Weltbild eher widerspricht. Doch die Hoffnungen, dadurch tatsächlich auch die »unsichtbaren Hand« dingfest machen zu können, wurden dann schließlich doch enttäuscht – und so machte die »neoklassische« Theorie ab Ende des 19. Jahrhunderts zunächst einen halben Schritt auf Leibniz zu: Sie konzentrierte sich auf die Ausarbeitung eines statischen »allgemeinen ökonomischen Gleichgewichts«, was mathematisch der Konzentration auf vollständig berechenbare Bewegungsgleichungen (und insofern der leibnizschen Annahme) entsprach, aber eben die Frage nach der Marktdynamik offen ließ. Die späteren neoliberalen Theoretiker hingegen erkannten, dass diese Selbstbeschränkung unnötig war, solange man nur innerhalb des leibnizschen Weltbildes blieb; und so vollendeten sie die Flucht in ebendieses Weltbild – das heute veraltet und metaphysisch geworden ist, unser aller Verständnis von strenger Wissenschaftlichkeit aber nach wie vor stark prägt: Die neoliberale Theorie versucht nicht mehr, die behauptete Koexistenz von Egozentrismus und Harmonie mittels kausaler Rückkopplungsmechanismen zu rekonstruieren – ein legitimes, inzwischen aber als gescheitert anzusehendes Forschungsprogramm.[6] Vielmehr unterstellt man jedem einzelnen Marktteilnehmer einfach so viel »Rationalität«‚ wie notwendig scheint, um Egozentrismus und »prästabilierte«‚ soziale Harmonie logisch-mathematisch wieder zu zwei Seiten derselben Medaille zu machen. Schlimmer noch: Als wäre Leibniz’ Annahme von der vollständigen Berechenbarkeit aller Bewegungsgleichungen nicht längst widerlegt, wird jeder Beitrag für unwissenschaftlich erklärt, der dazu nicht bereit ist. »Rationalität« beinhalte doch, so das Argument, dass jeder das Verhalten aller anderen bereits berücksichtige, bevor er selbst handle. Also seien Wechselwirkungen zwischen den von den Marktteilnehmern realisierten Handlungen doch letztlich ausgeschlossen. Trotz Egozentrismus könne man sich niemals in die Quere kommen – quod erat demonstrandum. Doch wenn B das Verhalten von A genauso einkalkuliert wie A das von B – und das muss man ja unterstellen, wenn wir alle mit jener fabelhaften »Rationalität« ausgestattet sein sollen –, gilt das natürlich nicht mehr: Dann entsteht ein infiniter Regress, bevor es zu irgendeiner Handlung kommen kann.[7] Das metaphysisch gewordene leibnizsche Weltbild lässt sich also auch für die begrenzten Zwecke des Neoliberalismus nicht retten, und zwar bereits rein mathematisch, unabhängig von allen biologischen und psychologischen Fragen in Bezug auf das Konzept der »Rationalität«. 

Umgekehrt gilt: Rekonstruiert man das wissenschaftliche Weltbild auf Grundlage der beschriebenen Umbrüche, gelangt man letztlich zur wissenschaftlichen Rekonstruktion aller der wesentlichen Konzepte der kantschen Aufklärungsphilosophie – Autonomie, Subjekt, Moral, Recht usw. Jedenfalls ist das das Ergebnis meiner eigenen Analyse[8] – und ich möchte sie Ihnen hier zumindest insoweit entwickeln, als ich kurz darzulegen versuche, dass und inwiefern die »strenge Wissenschaft« längst auf dem Weg »von Leibniz zu Kant« ist.

Beginnen möchte ich mit Mathematik und Physik: Diese beiden Disziplinen dürften die geschilderten Umbrüche weitgehend verarbeitet haben. Dies geschah durch die Aufwertung und weitere Ausarbeitung der Theorie dynamischer Systeme – und insofern durch die Bestätigung gerade jenes Ansatzes, den Kant mit seiner Theorie der Entstehung der Planeten als einer der ersten gegen den seinerzeitigen leibnizschen Mainstream vertrat.[9] Und es geht so weit, dass etliche Physiker und Mathematiker sich berufen fühlen, engagiert auf die grotesken Widersprüche der ökonomischen Theorie zum heutigen Stand der wissenschaftlichen Dinge hinzuweisen (Stichwort etwa »Ökonophysik«).

Ähnlich auch die Biologie: Diese war in der zweiten Hälfte von der orthodoxen Molekulargenetik und damit ähnlich stark vom leibnizschen Bild einer »prästabilierten Harmonie« geprägt wie die ökonomische Theorie – und die traditionelle »Kognitionswissenschaft« bis hin zur Künstlichen Intelligenz: Die Evolution sollte unsere Gene bereits so perfekt programmiert haben, dass wir ohne Wechselwirkungen mit unserer Umwelt durchs Leben kommen sollten, allein durch das Abspulen unseres »genetischen Programms«, ganz entsprechend Leibniz’ »Monaden«. Doch tatsächlich kann natürlich auch ein solches Programm gar nicht genau genug voraussehen, auf welche Umweltbedingungen wir werden reagieren müssen, und so ist unser Überleben davon abhängig, dass wir eben doch mit unserer Umwelt interagieren, und infolge dessen unser Handlungsprogramm verfeinern (»lernen«). Das war bereits das Credo der biologischen Systemansätze, die ab etwa 1950 von der orthodoxen Molekulargenetik verdrängt wurden und an deren Ursprung nicht zuletzt auch wieder Kant stand.[10] Es ist aber auch wieder der Kern der Wende zur »Epigenetik«, die die Biologie seit Beginn des Jahrtausends vollzieht, sowie bestimmter Entwicklungen in der Kognitionswissenschaft und der Künstlichen Intelligenz.

»Bestimmter« Entwicklungen sage ich. Denn zwar hat man etwa in der Robotik gelernt, dass man nur zum Ziel kommen wird, wenn man von der Körperlichkeit des Roboters und seinen Interaktionen mit seiner ganz konkret gegebenen Umwelt ausgeht. Angesichts ihrer technischen Verwertungsabsichten schwanken Kognitionswissenschaft und Künstliche Intelligenz aber letztlich hin und her zwischen der Wiederentdeckung des Interaktions-Paradigmas und dem Wunsch nach Programmierung. Ja, tatsächlich ist niemand anderes als Leibniz der Ahnherr der Computerwissenschaft[11] und all der Algorithmen, die inzwischen ja durchaus ins kritische Bewusstsein gelangt sind, denn sie handeln nicht nur an unserer Stelle, sondern tun dies auch nach dem Modell des neoliberalen Homo oeconomicus, auf egozentrische Weise.[12] Sie gestalten unsere Gesellschaft dadurch szientistisch-technokratisch um; und zwar gemeinsam mit den neoliberalen Ökonomen, deren vermeintlich wissenschaftliche Empfehlungen sich inzwischen keineswegs auf die Wirtschaftspolitik beschränken, sondern zur vermeintlichen Optimierung der »Anreizstrukturen« jeder Art von Organisation eingeholt werden.[13]

Kurz: Je weiter wir uns vom Kernbereich der strengen Wissenschaft wegbewegen, hin zu Technik- und Politikgestaltung, desto stärker ist nach wie vor das Erbe des leibnizschen Weltbildes – und dies wesentlich auch unter neoliberalem Einfluss.

Bleibt die Frage, was in dieser Situation zu tun sei. Man könnte einerseits auf den langfristigen Trend in der Wissenschaft vertrauen. Man könnte aber auch argumentieren, dass die neoliberale Scholastik sich ja vor allem auch ganz unabhängig vom wissenschaftlichen Diskurs reproduziere – eben durch den Anschein der Wissenschaftlichkeit, den sie gegenüber der Gesellschaft oder jedenfalls gegenüber den politischen Eliten erzeugt. Und den sie übrigens umso leichter aufrechterhalten kann, als sie selbst für die akademische Ausbildung einflussreicher Professionen und Entscheidungsträger zuständig ist.

Hinzu kommt außerdem, dass die in der kantschen Tradition stehenden Ansätze und Disziplinen in der auf Drittmittel ausgerichteten – und insofern ihrerseits unter neoliberalem Einfluss stehenden – Wissenschaft vielfach noch immer einen schweren Stand haben; und dass sie zum anderen teilweise auch selbst das Feld räumen: Viele haben das eigene epistemische Recht der kantschen Aufklärungstradition und ihrer normativen Pointe erfreulicherweise so verinnerlicht – die meisten von uns sind beispielsweise nicht mehr bereit, ihre Ablehnung der Euthanasie oder des Rassismus unter den Vorbehalt irgendwelcher genetischer Analysen zu stellen –, dass sie sich für den naturwissenschaftlichen Diskurs, der dieses eigene Recht bzw. die daraus erwachsenden Konzepte in Wahrheit untermauert, statt sie infrage zu stellen, tragischerweise nicht mehr interessieren. Die ‚zwei Kulturen’ (C. P. Snow) tun ihr Übriges – die Idee einer ‚Third Culture’ (J. Brockman) bleibt jedenfalls in Deutschland eher Sache von Naturwissenschaftlern.

Alles in allem denke ich deshalb, dass auch die Zivilgesellschaft gefragt ist. Wir brauchen so etwas wie eine erkenntniskritische Bewegung, die ins Licht der Öffentlichkeit zerrt, was im Dunkel der akademischen (und technokratischen) Arcanpolitik verborgen liegt. Dies wird natürlich mit dem Argument abzuwehren versucht werden, dass wissenschaftliche Wahrheit doch keine Sache politischer Auseinandersetzungen sein dürfe. Ja, natürlich. Doch offenbar ist ja auch die Wissenschaft selbst daran zu erinnern. Und wer sollte das tun, wenn nicht eine zur Aufklärung entschlossene Zivilgesellschaft?

[1] Vgl. Thomas Köller/Eberhard Waiz (in Vorbereitung, Arbeitstitel): CETA, TTIP, TiSA ... und die Zukunft der Demokratie, Gespräche mit Andreas Fisahn, Hans-Jürgen Blinn und Rainer Plaßmann, Düsseldorf 2018.

[2] Jens Martens und Karolin Seitz, Auf dem Weg zu globalen Unternehmensregeln. Der »Treaty-Prozess« bei den Vereinten Nationen über ein internationales Menschenrechtsabkommen zu Transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen, hrsgg. vom Global Policy Forum und der Rosa-Luxemburg-Stiftung – New York Office, Berlin et al., Mai 2016.

[3] Philip Mirowski, More Heat than Light. Economics as social physics: physics as nature’s economics, Cambridge et al. 1989. Vgl. auch bereits zuvor Ders. (ed.), The Reconstruction of Economic Theory, Boston/Dordrecht/Lancaster 1986, und Ders., Against Mechanism. Protecting Economics from Science, Boston 1988, sowie Bruna Ingrao und Giorgio Israel, The Invisible Hand: Economic Equilibrium in the History of Science, Cambridge, Mass. 1990.

[4] Siehe genauer Thomas Köller, Allgemeine Grundlagen der Politischen Theorie, 3 Bde., Düsseldorf 2014.

[5] Startschuss war ein zunächst wenig beachteter Aufsatz von Edwar Lorenz, Deterministic Nonperiodic Flow, in: Journal of the Atmospheric Sciences 20 (1963), 130-141.

[6] Vgl. Bruna Ingrao und Giorgio Israel, The Invisible Hand, s. Anm. 3.

[7] So bereits Oskar Morgenstern im Jahr 1935 (Zeitschrift für Nationalökonomie 6, 337-357): Vollkommene Voraussicht und wirtschaftliches Gleichgewicht, auch in: Spieltheorie und Wirtschaftswissenschaft, Wien/München 1963, 43-70 (hier: S. 52).

[8] Thomas Köller, Allgemeine Grundlagen der Politischen Theorie, s. Anm. 4.

[9] Vgl. Winfried Kuhn, Eine wissenschaftstheoretische Analyse der historischen Entwicklung der Chaos-Forschung, in: Selbstorganisation. Jahrbuch für Komplexität in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften 5, hrsgg. von Marie-Luise Heuser-Keßler und Wilhelm G. Jacobs, Berlin 1994, 161-181 (hier: 165 f.).

[10] Vgl. Stuart Kauffman, Reinventing the Sacred. A New View of Science, Reason, and Religion, New York 2010, mit Bezug auf Imanuel Kant, Kritik der Urteils­kraft, ursprünglich Riga 1793, insbesondere §§ 64-66, 68.

[11] Vgl. Klaus Mainzer, Thinking in Complexity. The Complex Dynamics of Matter, Mind and Mankind, Berlin et al. 1994, 167 ff.

[12] Vgl. Frank Schirrmacher, Ego. Das Spiel des Lebens, München 2013.

[13] Roger B. Myerson, Nash Equilibrium and the History of Economic Theory, in: Journal of Economic Literature 37 (1999), 1067-1082.